Hallo Rosi,
eine Schrittpause halte ich nicht für sinnwoll. Ein Pferd ist ein Bewegungstier - und soll diese Bewegung auch ruhig bekommen. Sonst wird es nach der Schrittpause nur noch mehr "explodieren" - frei nach dem Motto "Juchu! Endlich wieder rennen!"
Dein Pferd kommt am besten aus dem Rennleben heraus, wenn du die dazugehörige Hektik von ihm fernhältst. Mit anderen Worten: stets alles in Ruhe und mit Gelassenheit tun.
Ruhe und Gelassenheit ist auch das, was du in den nächsten Monaten oder vielleicht auch im nächsten Jahr benötigst. Ich stand ebenfalls einmal vor dem Problem, aus einem Traber ein Reitpferd zu "machen", mit dem dann auch die Besitzerin klarkommen sollte. Fazit: Es funktionierte, aber es gehörte eine Menge Geduld dazu!
Wie fängt man jetzt am besten an? Das ist sicher von Pferd zu Pferd vollkommen unterschiedlich - und kommt auch zu einem nicht geringen Teil auf den Reiter an.
Am schwierigsten ist es, einen ruhigeren Trab hinzubekommen. Deshalb bin ich das auch als letztes angegangen. Dann kennt dich das Pferd etwas und ist auch mit deiner Hilfengebung vertraut. Ganz wichtig ist dabei, daß du den Trab nicht kaputtriegelst - der Vorwärtsdrang soll schließlich erhalten bleiben und im Idealfall ein schwungvoller, eleganter Trab werden. Also immer vorsichtig einwirken und nicht die Geduld verlieren!
Angefangen habe ich mit dem Galopp. Eigentlich eine ganz einfache Sache: irgendwann galoppiert jedes Pferd.
Allerdings setzt das ausreichend Platz und ein bißchen Mut vom Reiter voraus. Zuerst wirst du kaum umhinkommen, daß das Pferd erstmal alle Trabmöglichkeiten ausreizt, bevor es dann in den Galopp fällt. Das ist schließlich auch verständlich, denn bisher war Galopp ja "verboten". Und nun soll das Pferd plötzlich begreifen, daß genau das, was eben noch falsch war nun genau richtig ist? Menschen sind schon komische Geschöpfe - heute so, morgen anders...
Du gibst also ganz korrekt die Galopphilfen. Bevorzugt auch mit Stimmunterstützung. Zuerst wird der Trab wohl noch zügiger werden, aber du gibst weiter deine Galopphilfen. Dein Pferd merkt, daß das, was es tut, wohl noch nicht das ist, was du gerne willst. Also noch schneller. Aber auch das ist es wieder nicht. Dann galoppiert es an, weil noch mehr Trab nicht geht. Nun lobst du dein Pferd. Pferd wird zwar vielleicht etwas verwirrt sein (bisher wurde es dafür genau bestraft) - aber es wird sich das merken. Beim nächsten Mal galoppiert es schon früher an. Wer kann schon wissen, daß du vielleicht wieder das meinst? Nach einiger Zeit wird dein Pferd dann wissen, daß du mit dieser Kombination aus komisch liegenden Schenkeln, Gewichts- und Stimmhilfen also Galopp meinst. Es wird es prompt tun und du hast den Erfolg, den du haben wolltest. Vorausgesetzt, du vergißt nie das Loben! Und nicht böse werden, wenn es dich mal nicht versteht.
Auch antraben tust du die erste Zeit ruhig mit Unterstützung durch deine Stimme, so daß dein Pferd lernst, daß beim Kommando "Trab" die Hufe zu schwingen sind. Egal, wie unbequem der Trab erstmal ist - auch hier immer loben. Mit der Zeit fängst du langsam (und vorsichtig) an, den (Renn)Trabrhytmus zu stören, so daß dein Pferd nachgibt und sich deinem Rhytmus anpaßt. Mit anderen Worten: Es wird langsamer! Unterstützen solltest du auch das wieder mit deiner Stimme - irgendwo habe ich mal gehört, daß Pferde Vokale gerne hören. Deshalb heißt "mein" Kommando für solche Aktionen also "ruuuuuuhig". Übrigens erzähle ich meinen Pferden eigentlich fast immer irgendwas - so etwas beruhigt Pferd und Reiter.
Ist also nicht schlimm, wenn du das Pferd zulaberst mit "Ist doch guuut, ruuuhiger, braaaves Pferd, so ist fein, schön ruuuhig...." Kannst ihm natürlich auch wahlweise deine Termine für die nächste Woche erzählen - aber mein Pferd beruhigt sich dabei weniger...
Wenn du im Trab die ersten Erfolge erzielt hast und auch das mit dem Galopp so halbwegs funktioniert, wird auch der Schritt-Trab-Übergang zunehmend weniger mit dem Zünden einer Rakete gemein haben. Ich finde diesen Übergang eigentlich aber auch nicht so krass wie den bei Vollblütern, welche Rennen gelaufen sind. Mein eigenes war auch so. Wenn man bei ihm auch nur an Galopp dachte, war das Pferd, auf dem man eben noch saß, auch schon weg...
Viele sagen, daß man aus Rennpferden (und besonders aus Trabern) keine guten Reitpferde machen kann. Diese Leute haben keine Ahnung. Sicher wird daraus nicht unbedingt der neueste Dressurcrack - aber der wird aus vielen "normalen" Warmblütern ja auch nicht. Wenn man viel Geduld und Zeit investiert, nie seine (vielleicht auch mal vorhandene) Wut am Pferd ausläßt (es kann ja nichts dafür, daß auf einmal alles anders ist) - dann bekommt man auch ein zuverlässiges Pferd, daß einem vertraut und mit dem man eine Menge Spaß haben kann. Gerade, wenn man so eine schwierige Sache mit dem Pferd gemeinsam gemeistert hat, wird man zusammenwachsen. Man muß aber auch wissen, daß jedes falsche Schimpfen oder sogar Schlagen einen um Wochen (!) zurückwirft.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg und noch viel mehr Spaß!
Gruß Tommy